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Donnerstag, 27. Januar 2011






MINDERHEITSWOHNBLOCKKOMPLEX, ODER TRAMWAY TO HELL
Eines Tages
Die Taube landet auf einen Fenstersims. “Aua", denkt die Taube, "hier haben sie auch schon diese Mörderdrähte aufgespannt”. Die Taube blutet, einer ihrer Zehen ist abgeschnitten, und hängt nur noch an einem dünnen Stück Haut. Die Taube flattert mit den Flügeln vor Schmerz, kann nicht den Fenstersims verlassen, ihr Bein steckt zwischen den Drähten. “Dass wir nicht auf den Türmen landen dürfen, wissen wir schon lange, auch auf allen sonstigen Sehenswürdigkeiten nicht, aber das hier liegt nicht mal im Zentrum. Das ist ja nur ein Minderheitswohnblockkomplex!”. Die Taube flattert mit ganzer Kraft, bis ihr Bein befreit ist, sie schneidet sich noch eine Zehe bei dem Abflug ab und fliegt ein Schmerzensbogen in die Luft.
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Peter F. ist am angeln. Seine Frau Vera F. wird im Familienbett von einem anderen Mann geliebt. Peter F. geniesst das angeln und Vera F. geniesst das geliebt werden. Der andere Mann hat mit Peter F. nichts gemeinsam, ausser ein Problem mit der Liebesstellung, welche Peter F. als Jugentlicher auf einem Openairfestival einem unbekannten Liebespaar abgeschaut hat, als er im Rauschzustand das Zelt verwechselt hat. Er hat später die Stellung benützt, um seine dritte und um einiges jungere Frau, Vera F. zu beeindrucken. Das hat gewirkt und Peter F. wurde während den nächsten Jahrzehnten täglich von Vera F. zu dieser Stellung aufgefordert, was aus ihm einen Wrack gemacht hat. Peter F. sitzt in einem kleinen Boot, vom sonnig glänzendem Gewässer umgeben und trinkt Bier. Neben ihm liegt eine blaue Kühlbox. Der andere Mann wird von Vera F. zu der Liebesstellung aufgefordert, welche Peter F. zum Wrack gemacht hat. "Tut weh", sagt der andere Mann etwas später. "Entschuldigung" sagt Vera F. etwas später. "Wo dein Mann?" , fragt der andere Mann. "Am angeln" sagt Vera F. und der andere Mann stellt sich ein kleines, vom sonnig glänzendem Gewässer umgebenes Boot vor, und eine blaue Kühlbox voller Bier. Peter F. ist Rentner. Vera F. ist Personalabteilungsleiterin und der andere Mann ist noch junger.
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Der andere Mann steht im Tram. Er hat Schmerzen zwischen den Beinen und will nicht sitzen, obwohl so viele Plätze frei sind. “Hoffentlich kommt keine Billetkontrolle,”, denkt er, “ich habe kein Billet. Und ich habe kein Ausweis”. Bei jeder Haltestelle dreht er sein Kopf nach links und nach rechts. Der junge Tramfahrer schaut im Rückspiegel zu den wenigen Fahrgästen hin. Es ist sein erster Arbeitstag als selbstständiger Tramfahrer. Ihm fällt ein dunkelhäutiger Mann auf, der steht, obwohl so viele Plätze frei sind. Der dunkelhäutige Mann dreht sein Kopf nach links und nach rechts. Der junge Tramfahrer ruft im Funk das Billetkontrolle-Team an. Er will einen guten Eindruck machen. “Wenn ihr in der Nähe seid, ich habe einer bei mir, der hat sicher kein Billet”, sagt er im Funk. “Gut, wir sind zwei Stationen vor dir, danke” sagt eine Stimme.
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Man muss einfach an Höhe verlieren, wenn man irgendwo landen will, damit müssen wir uns abfinden.”, denkt die Taube und landet bei einem vergitterten Kellerfenster. “Auf den unteren Stockwerken hat es keine Drähte. Noch nicht!”. Der andere Mann sitzt auf einer Bank. Die Türe ist offen. Ein Mann in Uniform steht vor der Türe und wirft dem anderen Mann ernsthafte Blicke zu. Der andere Mann schaut durch das vergitterte Kellerfenster hinaus. Er sieht eine hinkende Taube. Zwei Zehen an einem Fuss fehlen ihr.
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Der junge Tramfahrer überlegt, ob es möglich ist, mit dem Tram eine Katze zu überfahren. Gestern nach dem Feierabend wurden wieder Geschichten über Tramfahren erzählt. Diesmal ging es darum, was die Trams alles schon überfahren haben. Nur der junge Tramfahrer könnte leider keine solche Geschichte erzählen und hörte nur zu. Das Tram ist fast leer. Der junge Tramfahrer versucht all die Ueberfahrungseschichten, die er gestern Abend gehört hat, in seinem Gedächtnis zu wiederrufen. Ihm fällt auf, dass in diesen Geschichten alles mögliches überfahren wurde, ausser Katzen. Eine Katze miaut hinten im Tram. Der junge Tramfahrer schaut sich im Spiegel die wenigen Fahrgästen an und sieht eine blaue Katzenbox neben einem jungen Mädchen. "So ein Zufahl", denkt der junge Fahrer, "da ich gerade an Katzen denke". An der vorletzen Station steigt das junge Mädchen aus. Inzwischen ist das Tram ziemlich voll und nacher wieder fast leer geworden. Das junge Mädchen heisst Ana.
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Doktor Hu liest ein Brief und trinkt Grüntee. Seine Muter will Tante Mao helfen. Mao heisst in seiner Sprache Katzte. Unter anderem. Die Mutter von Doktor Hu will Tante Mao mit Doktor Hus Geld helfen. Er hilft der ganzen Familie mit seinem Geld. Das ist seine Pflicht. Wenn er Tante Mao kein Geld schickt, wird ihre Schweinefarm geschlossen. Doktor Hu darf das nicht zulassen. "...Erinnerst du dich noch an Tante Mao." steht es im Brief, "Die Frau von Onkel Mu, der letzten Winter gestorben ist. Du bist als Kind oft bei ihnen auf dem Lande gewesen. Die Regierung will, dass, alle Schweinezüchter aus der Gegend ihre Farmen vorschriftsgemäss renovieren, wegen dem SARS-Epidemie-Gefahr." Doktor Hu reibt seine Zunge an der oberen Lippe. Der Grüntee schmeckt eigenartig. Einmal hat die Tierarzthelferin den Tee im selben Gefäss zubereitet, wo man das Mittel zum Einschläffern von Meerschweinchen zusammenmischt. "Wenn ihr Schweinestahl nicht bis Ende Jahr umgebaut ist, muss sie die Schweinezucht aufgeben. Ihre ganze Familie wird dann verhungern". "Das Junge Mädchen mit der überfahrenen Katze ist da" sagt die Tierarzthelferin. Man hat Tante Mao überfahren, denkt Doktor Hu witzig. Er würde gerne in seinem Schurbart schmunzeln, aber er hatt keinen. Hier in Europa kommt ein asiatischer Arzt mit einem Schnurbart nicht gut an. "Lassen Sie sie hinein, bitte", sagt Doktor Hu geschäftig. Ana betritt das Untersuchungszimmer. "Guten Tag", lächelt Doktor Hu das junge Mädchen an. "Stellen sie die Box hier drauf, bitte!", sagt er lächelnd. Ana stellt den blauen Katzenbox auf dem Untersuchungstisch. Die Kaze heisst Diva. Doktor Hu untersucht Diva. Divas Schwanz hängt unbeweglich. Ihre Wirbelsäule ist gebrochen. "Ihre Katze kann nicht von selbst Pipi und Kaka machen. Sie müssen sie mehrmals täglich ausdrücken." Die Tierarzthelferin zeigt Anna, wie man Diva ausdrücken muss. Man muss Tante Mao ausdrücken, denkt Doktor Hu witzig. Nein, eigentlich wird er von Tante Mao und der ganzen Familie ausgedrückt. Doktor Hoffman darf ein Schnurbart tragen und er kann sich das grosse schwarze Auto leisten, dass Doktor Hu gerne besitzen würde. Doktor Hoffman wird nicht von seiner Familie ausgedrückt. Er hat keine. Doktor Hu merkt, dass seine Konzentration nachgelassen hat. Seiine Gedanken sind abschweifend. Nachher muss er unbedingt überprüfen, in welchem Gefäss die Tierarzthelferin den Grüntee gemacht hat. Ana weint. "Das Auto hat mich leicht erwischt, aber dem Tram konnte ich doch ausweichen!", denkt Diva stolz.
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Peter F. Ersteigert Angelutensilien online. Er ist der Höchst-bietende. „Guten Tag Frau Teufel“, beginnt Peter F. seine email. Er findet das, was er geschrieben hat, höchst komisch. "Die Anbieterin von Angelzubehör heisst Frau Anne-Marie Teufel", sagt er zu Vera F. Vera F. lacht. „Was denkst du, soll ich meinen Kauf annullieren und mir das Zeug in einem Laden kaufen?", fragt er. „Warum?“, fragt Vera F. „Man macht doch keine Geschäfte mit dem Teufel“, sagt Peter F. Vera F.lacht.
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Der Dichter hat Geburtstag. Er ist drei und vierzig geworden. "Soll ich die Koffer am Hinterausgang, oder am Vordereingang stellen", fragt der Dichter die Tourismusfachfrau. "Nein, sicher nicht,", sagt die Tourismusfachfrau gereizt, "stell sie am Hinterausgang". Die Tourismusfachfrau ist neunzehn. Sie hat Hunger. Es ist schon elf nach zwölf Mittags. Der Dichter stellt drei und fünfzig Koffer am Hinterausgang. Die Tourismusfachfrau bekommt endlich den erwarteten Anruf vom Busfahrer. "Stehen die Koffer vor, oder hinter dem Hotel?", fragt der Bussfahrer die Tourismusfachfrau. "Die Koffer stehen am Vordereingang bereit" antwortet sie. "Ich habe die Koffer am Hinterausgang gestellt, soll ich jetzt in der Mittagspause gehen?", fragt der Dichter. "Der Bus kommt aber am Vordereingang", sagt die Tourismusfachfrau, "stell sie schnell am Haupteingang und dann darfst du in die Mittagspause gehen." Der Dichter stellt drei und fünfzig Koffer am Haupteingang. Er geht zum letzten Koffer am Hintereingang. Der letzte Koffer ist himmelblau und hat ein Namenszettel: "Andrews Cornellia, Mrs. 800293 Queen Creek Arizona". Der Dichter packt den Koffer am Griff und zieht. Der Koffer ist viel schwerer als er aussieht. Etwas macht "Klick" im Rücken des Dichters.
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Andrews Cornellia Mrs. und Andrews David Mr. betreten ihr neues Hotelzimmer nach dem Abendessen. "This small portions here in Europe makes me starving all the time", sagt Andrews Cornelia Mrs. und öffnet ihren himmelblauefarbener Koffer. Sie nimmt eine Einpfunddose Roastbeef raus. "Could you take my burbon bottle out too, honey!" sagt Andrews David Mr. Der Dichter liegt im Spitalbett und schreibt auf eine Serviette: "Ich habe lange den blauen Himmel angestarrt, bis eine tote Möve vor meinen Füssen fiel."

Drei Tage später

Frau Teufel erledigt den Versand, parkt das Auto in die Garage, beendet den Papierkramm und macht sich schön. Frau Teufel hat eine private Verabredung heute Abend . Das Auto bleibt in der Garage. Frau Teufel geht aus ohne Auto.
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Peter F. und Vera F. warten auf das Tram. Jeden Montag, begleitet Vera F. ihren Mann zum Arzt. Bei Peter F. wurden die ersten Anzeichen altersbedingter Demenz diagnostiziert. Seit dem hat ihm Vera F. verboten, in der Stadt Auto zu fahren. Zum angeln fahren darf er noch. An dieser Stelle steigen sie jedes Mal um. "Liebling, schau dir die arme Taube an." , sagt Vera F. "Die ist krank,", sagt Peter F., "das muss so'ne Vogelkrankheit sein, wo ihnen die Zehe abfallen" "So was wie die Vogelgrippe?", "Ja, so was", "Hoffentlich, ist das nicht auch für Menschen gefährlich", sagt Vera F. "Ich weiss es nicht", antwortet Peter F.
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"Hol mich der Tefel.", sagt leise der Busfahrer zu sich selbst und macht die Busstüren auf. "Was ist los?", fragt die Tourismusfachfrau . "Wir können nicht weiter fahren", antwortet der Busfahrer. "Hol mich der Teufel auch.", sagt die Tourismusfachfrau ironisch. Sie ist immernoch neunzehn, hat noch immer nichts gegessen, hat keine Ahnung, was sie jetzt mit der Gruppe machen soll und die altmodischen Ausdrücke des Busfahrers geben ihr den Rest. "Und was machen wir jetzt?", fragt sie. "Da drüben ist eine Tramhaltestelle", antwortet der Busfahrer. Drei und fünfzig Touristen steigen aus dem Bus.
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"Where are we", fragt Andrews David Mr. die Tourismusfachfrau. "Entschuldigen sie bitte, können Sie uns sagen, wo wir sind?", fragt die Tourismusfachfrau Peter F. Peter F. ist der richtige Mann, um diese Frage zu beantworten. Er hat lange für die Stadtplanung gearbeit. "Das hier ist ein Minderheitswohnblockkomplex.", antwortet Peter F. Die Tourismusfachfrau übersetzt. "Which kind of minorities,", fragt Andrews David Mr., "Mexicans, Bulgarians?". "Was für Minderheiten wohnen hier?", fragt die Tourismusfachfrau. Peter F. antwortet: "Also in diesem Block wohnen die kleinen mit gestörtem Kopfhaarwuchs und schifen Zähnen, welche das linke Bein etwas nachschleppen. Die grossen, mageren mit gebückter Haltung, welche, mit Plastiksäcken vollgestopfte Kinderwagen vor sich schieben, sind im Block nebenan. "Yes, " sagt die Tourismusfachfrau zu Andrews David Mr., "In this House are the Mexicans, and over there, the Bulgarians". "David, look at the Pigeon, it misses a toe", sagt Andrews Cornelia Mrs. "Two toes", sagt Andrews David Mr.
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Doktor Hu raucht eine Zigarette auf sein Balkon. Er sieht runter. "Hol mich der Teufel", sagt er leise zu sich. Eine Menschenmenge steht an der Tramhaltestelle. Alle Gesichter sehen zu ihm hoch. Er wirft die Zigarette runter und geht in seine Wohnung. "Those mexicans are everywhere.", sagt Andrews David Mr.
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Ana nimmt die Katzenbox in die Hand und macht sich bereit auszusteigen. Das Ausdrücken von Diva hat nicht richtig funktioniert und die Wohnungshygiene wurde durch Divas Inkontinenz stark gefährdert. Anna bringt Diva zu ihrer Grossmutter. Anas Grossmuter hat einen Garten. Ana steigt aus. Sie bahnt sich den Weg durch eine grosse Gruppe Touristen mit Gepäck. "David, look at the pussycat", sagt die dicke Frau mit dem blauen Koffer, "isn't it cute". "Yes", sagt der Mann neben ihr. Diva schnurrt. "Wir Katzen mögen ab und zu von einem Auto erwischt werden, aber nie von einem Tram. Tram fahren wir nur", denkt sie stolz.
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"Holl mich der Teufel", sagt der junge Tramfahrer leise zu sich, mit dem Ton eines alten Tramfahrers. Eine Menschenmenge mit viel Gepäck wartet an der, sich nähernde Haltestelle.
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Frau Teufel nimmt den Tram.






1 Kommentar:

  1. Der Autor bietet um Nachsicht im Bezug auf grammatikalische, stillistische, oder sonstige Fehler. Eine Verbesserung des Textes folgt.

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